Header

Meta Navigation

Leichte Sprache

Main Navigation

Gruppentherapie für traumatisierte Jugendliche

Interview

Geflüchtete Kinder und Jugendliche müssen oft traumatische Erlebnisse verarbeiten. Gemeinsam mit Gleichaltrigen lernen sie in kleinen Gruppen, wie sie mit den Folgen eines Traumas umgehen können. Der Psychotherapeut Samuel Bieri erklärt das Prinzip des Angebotes START.

Interview: Sibylle Dickmann Perrenoud | Header-Bild: iStock/SDI Productions

Was haben Kinder und Jugendliche erlebt, die an einer START-Gruppe teilnehmen?

Manche sind als unbegleitete Minderjährige in die Schweiz gekommen. Manche haben unterwegs Familienmitglieder verloren, Menschen sterben sehen, sie haben Gewalt beobachtet oder erfahren. Einige sind gezwungen worden, zu stehlen oder illegal zu arbeiten, um Schlepper bezahlen zu können. Betrachtet man diese Umstände, sind diese jungen Menschen, die es bis hierhergeschafft haben, unglaublich reif und stark. Gleichzeitig gehören sie in unserer Gesellschaft zu den Verletzlichsten. Dennoch wohnen auch traumatisierte Kinder und Jugendliche vorübergehend in Durchgangszentren. In den Aufenthaltsräumen und Fluren erleben sie im Kontakt mit vielen fremden Menschen teils schwierige Situationen.

Samuel Bieri

Porträt Samuel Bieri

Der 40-Jährige leitete zwischen 2017 und 2021 START-Gruppen. Seither engagiert er sich in der Schulung von START-Gruppenleitenden. Er hat eine Ausbildung als Psychotherapeut und führt eine Praxis in Burgdorf.

Wie kann eine START-Gruppe den jungen Menschen helfen?

Ihr gemeinsames Grundthema ist die Entwurzelung, die Ohnmacht, das Ausgeliefertsein. Es geht darum, Stress zu erkennen, ihn zu verstehen und etwas dagegen zu tun. Wir versuchen zuerst, die Jugendlichen zu stabilisieren und motivieren sie, selbst herauszufinden, was ihnen hilft. Das können sehr persönliche Werkzeuge sein, die sie für sich entdecken. Ob eine kalte Dusche oder ein Gespräch - die Kinder und Jugendlichen sollen selbst die wichtige Erfahrung machen: Ich kann etwas verändern, ich kann etwas tun, das erreiche ich. Diese Selbstwirksamkeit, das ist der Kern von START.

Was sind die Vor- und Nachteile einer Gruppe?

Geteiltes Leid ist halbes Leid. Ich habe erlebt, dass Jugendliche, die sich ein Zimmer teilen, erst in der Gruppe erfahren haben, dass sie beide unter Albträumen leiden. Sie haben gelernt, dass Albträume eine völlig normale Reaktion sein können, und sie deswegen nicht verrückt sind. Aber in einer Gruppe können die Hemmungen auch grösser sein, etwas von sich preiszugeben. Nicht in jeder Kultur ist es selbstverständlich, mit fremden Menschen über psychische Probleme zu sprechen.

KURZ ERKLÄRT

Das Gruppenangebot START

START steht für Stress – Traumasymptoms- Arousal- Regulation- Treatment. Das bedeutet: Behandlung von Stress und Trauma-Symptomen durch Stressregulierung.
Die Stärkung der psychischen Gesundheit von verletzlichen Menschen und ihren Angehörigen ist ein strategisches Ziel des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK). START wird in einigen Kantonen durch das SRK angeboten.

Wie kann man sich ein Treffen vorstellen?

Eine Gruppe besteht aus sechs bis neun Kindern oder Jugendlichen, möglichst im gleichen Alter. Zur Auflockerung machen wir Spiele. Manchmal sind Übersetzerinnen und Übersetzer nötig. Es ist eine Herausforderung, Begriffe wie «Achtsamkeit» einfach zu erklären. Ich tue das mit einer Schneekugel. Der Schnee wird durch Stress und starke Emotionen hochgewirbelt, alles dreht sich, es entsteht ein Durcheinander. Hält man die Schneekugel still, legen sich die Flocken und Ruhe kehrt ein.

Die Jugendlichen sollen selbst die Erfahrung machen: Ich kann etwas verändern, ich kann etwas tun. Das ist der Kern von START.

Samuel Bieri, Psychotherapeut

Zahlen zu START

0Trauma-Folgestörungen

Mindestens 45 Prozent der geflüchteten Menschen sind von Trauma-Folgestörungen betroffen.

0neue Gruppenleitende

Sechzig START-Gruppenleitende wurden 2023 ausgebildet.

10.1.2024

Flyer Angebot START

Wichtige Informationen auf einen Blick

Download wird generiert...

Diese Seite teilen