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SRK, Bernard van Dierendonck

Guatemala: Heimkehren zu Armut und Hoffnungslosigkeit

Kanek Zapeta vom Guatemaltekischen Roten Kreuz (GRK) besucht eine Familie, die in extremer Armut lebt. Mit einer Hühnerzucht versucht das Rote Kreuz den Eltern von drei Töchtern ein neues Einkommen zu ermöglichen. Tausende Menschen in Guatemala, die aus den USA ausreisen müssen, stehen nach der Rückkehr vor dem Nichts. Das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) steht seiner Schwestergesellschaft zur Seite, um diese Notlage trotz geringen Mitteln zu bewältigen.

Reportage vom 17. November 2025

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Wie so viele junge Männer Guatemalas riskierte Carlos Ical Calel alles, um in die USA zu gelangen. Der 31-Jährige hoffte dort auf Arbeit, um seine Familie aus der Armut zu befreien. Er wollte seiner Frau Everilda Cac Suc, 31, und seinen drei Töchtern ein besseres Leben ermöglichen. Von den amerikanischen Behörden zurückgewiesen, verliert der Familienvater alles und ist tief verschuldet. Nach seiner Rückkehr hilft das Guatemaltekische Rote Kreuz, die Familie mit dem Nötigsten zu versorgen. Nun begleitet es das Ehepaar beim Aufbau einer neuen Existenz.

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Der Weg in den Abgrund

Die Fahrt zu Carlos Ical Calel und Everilda Cac Suc führt über eine holprige Strasse. Sie leben in einer ländlichen, indigenen Gemeinschaft in den Bergen des Departamento Alta Verapaz. Die Familie wohnt in einer Behausung aus Blech und Brettern, der Boden besteht aus festgetretener Erde. Üppiges Grün umgibt kleine Pflanzungen mit Kaffee, Kardamom und Mais. Doch Carlos Ical Calel gehört heute kein einziges dieser Felder.

Vor fünf Jahren trifft ein harter Schicksalsschlag die Familie. Ein Erdrutsch, ausgelöst durch den Hurrikan Eta, nimmt ihnen alles. Die Katastrophe zerstört Carlos Ical Calels Heimatdorf Quejà. Der Berg begräbt das Dorf unter sich. 50 Menschen kommen dabei ums Leben. Von den Feldern und Häusern bleibt kaum etwas übrig. Mit der Dorfgemeinschaft gründen Carlos Ical Calel und Everilda Cac Suc das Dorf Nuevo Quejà, wo wir uns jetzt befinden. Doch ohne Ernte bleibt das Einkommen aus.

Die Familie steht vor einem Maisfeld, das sie beim Erdrutsch verloren hatte.
Durch den Hurrikan Eta und den darauffolgenden Erdrutsch verlor Carlos Ical Calel sein Dorf und seine Felder
Die Tochter bringt ihrer Familie etwas Kleines zu essen.
Der Familienvater gibt nicht auf - er will alles tun, um seinen Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen

Den Blick gesenkt, erzählt uns Carlos Ical Calel von seinen Schulden: 30 000 Quetzals, rund 3000 Schweizer Franken, kostet ihn nach der Katastrophe der Grenzübertritt. Mit leiser Stimme berichtet er von seiner Reise, die zum Albtraum wird. In Mexiko entführt ihn eine kriminelle Bande. Sie fordert Lösegeld. Er hat grosse Angst und kommt nur dank seiner Familie mit dem Leben davon. Sie muss sich für seine Freilassung tief verschulden. Kaum in den USA, wird Carlos Ical Calel verhaftet und zurück in sein Heimatland geflogen. Jeden Monat werden rund 5000 Menschen nach Guatemala zurückgeschickt. Tausende von ihnen sind wie der Familienvater völlig mittellos, wenn sie in ihrem Heimatland ankommen, in dem grosse Armut herrscht. Fast 80 Prozent der Bevölkerung haben keine soziale Absicherung.

Das Ehepaar und ein junger Mann vom Roten Kreuz sitzen in einem karg eingerichteten Raum an einem Tisch und sprechen miteinander.
Carlos Ical Calel und seine Frau Everilda Cac Suc sprechen mit Oscar Suc, dem Freiwilligen des Roten Kreuzes – im Hintergrund sind die ersten Mauern sichtbar, die der Familienvater selber errichtet hat, um seiner Familie ein stabiles Haus zu bauen
Kanek Zapeta, coordinateur du programme migration pour la Croix-Rouge guatemaltèque
Als wir Carlos zum ersten Mal besuchten, schliefen die kleine Sandy, die neunjährige Christin Marisol und die zwölfjährige Mildred zu dritt in einem kaputten Bett. Die Familie teilte sich einen einzigen Raum. Als Erstes besorgten wir ihnen Betten, Matratzen und Decken.

Kanek Zapeta, Verantwortlicher des Migrationsprogramms beim GRK

Das Guatemaltekische Rote Kreuz (GRK) unterstützt besonders verletzliche Menschen. Auch Carlos Ical Calel erhält einen Lebensmittelgutschein für umgerechnet 40 Franken. Dieser reicht der Familie während zwei Monaten für das Nötigste.

Das Schicksal der Familie berührt Kanek Zapeta zutiefst, weil sie so viel durchmachen musste und weil die Mittel für die Unterstützung knapp sind. Jedes Jahr schicken die USA und Mexiko Tausende Menschen nach Guatemala zurück. Das Rote Kreuz kann nur den Verletzlichsten unter ihnen helfen.

Den von Armut Betroffenen ein Einkommen ermöglichen

Die Frau hält ein Huhn, ihr Mann und der Mitarbeiter vom Roten Kreuz schauen es an, alle drei lächeln.
Mit einer Hühnerzucht versucht das Rote Kreuz den Eltern von drei Töchtern ein neues Einkommen zu ermöglichen

Die Migrationsbehörde Conamigua leitet die tragische Geschichte von Carlos Ical Calel an das Rote Kreuz weiter. Dieses nimmt die Familie in das Programm zur Existenzsicherung auf. Das GRK bespricht mit dem Paar, wie es seinen Lebensunterhalt verdienen könnte. «Zuerst dachten wir, die Hühnerhaltung sei eine sichere Einnahmequelle“, so Kanek Zapeta. Doch das Rote Kreuz muss eine weitere Lösunge finden. Die Hühnerzucht ist schwierig und der Ertrag reicht noch nicht aus, um die Familie zu ernähren. Carlos Ical Calel möchte sich selbstständig machen. Das GRK ermöglicht ihm einen Spanisch-Lehrgang. Er beherrscht die Amtssprache des Landes zu wenig. Doch Spanisch ist unerlässlich, um ein eigenes Geschäft zu betreiben. Zurzeit bringt ihm die Arbeit als Tagelöhner gerade einmal 50 Quetzals pro Tag ein, rund fünf Schweizer Franken. Das ist deutlich zu wenig, um eine Familie zu ernähren. Doch der Familienvater gibt nicht auf. Er will alles tun, um seinen Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen. Solange, bis seine Frau und seine Töchter in einem soliden, gemauerten Haus wohnen. Bis sie jeden Tag all das haben, was sie zum Leben brauchen.

Manuela Frey als SRK-Botschafterin in Guatemala mit der Familie von Carlos Ical Calel beim Hühnerfüttern.
In der Schweiz ist vieles so selbstverständlich. In Guatemala ist man einfach dankbar, wenn es etwas zu essen gibt.

Manuela Frey, Model und SRK-Botschafterin

GUT ZU WISSEN

Nothilfe für die Durchreisenden

Das Guatemaltekische Rote Kreuz mit seinen 21 Sektionen leistet humanitäre Hilfe für Rückkehrende und Menschen aus anderen Ländern, die Guatemala durchqueren. Diese Nothilfe beinhaltet medizinische Versorgung, Trinkwasser, Hygieneartikel, Decken und Unterstützung für Familien von Betroffenen einer psychischen Erkrankung wie einer Sucht. Das GRK arbeitet mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz IKRK, der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR und der Internationalen Organisation für Migration IOM zusammen. Diese Organisationen finanzieren spezifische Projekte. Das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) bietet seiner Schwestergesellschaft technische und finanzielle Unterstützung. Es begleitet sie insbesondere bei der Ausarbeitung ihrer Strategie zur Katastrophenhilfe mit Schwerpunkt Migration.

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