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Zu Besuch bei der alten Dame

Reportage

Die gemeinsame Zeit gibt Lebensmut und Kraft: Die 97-Jährige Geneviève Pantli wird regelmässig von der Freiwilligen Caterina Vogelgesang, 58, besucht. Eine Reportage über zwei Frauen, die sich gegenseitig guttun und einander schätzen.

Text: Sibylle Dickmann-Perrenoud | Fotos: Fabienne Bühler

Geneviève Pantli hält ein über 100-jähriges Foto ihrer Mutter in der Hand.

Die 97-Jährige Geneviève Pantli hält ein vergilbtes Schwarz-Weiss-Foto in den Händen. Sie erinnert sich an die Zeit, als ihr Augenlicht noch klar war und weiss genau, was darauf zu sehen ist: das Porträt einer jungen Frau mit ebenmässigen Zügen und einem eleganten Hut.

«Das ist meine Mutter. Sie hat dieses Foto ihrem Verlobten mit in den Krieg gegeben. Er fiel bei Verdun. Das Foto fand den Weg zurück zu meiner Mutter. Ist das nicht berührend?»

Ein lebendiges Geschichtsbuch

Geneviève Pantli kam vor beinahe einem Jahrhundert in Paris zur Welt. Als junge Frau folgte sie ihrer grossen Liebe in die Schweiz, um eine Familie zu gründen. Heute hat sie kaum noch soziale Kontakte, ist lange verwitwet und fühlt sich oft einsam. Umso mehr schätzt sie die Besuche von Caterina Vogelgesang, einer Rotkreuz-Freiwilligen.

Diese liebt Geschichten aus der Vergangenheit: «Madame Pantli ist ein offenes Geschichtsbuch», erzählt Caterina Vogelgesang, die sechs Sprachen spricht und länger in vielen Ländern gelebt hat, auch in Frankreich.

Geneviève Pantli bedauert, dass sie keine Bücher mehr lesen kann.
Geneviève Pantli bedauert, dass sie keine Bücher mehr lesen kann.
Caterina Vogelgesang liest Geneviève Pantli gerne Bücher vor.
Caterina Vogelgesang liest Geneviève Pantli gerne Bücher vor.

Geneviève Pantli hört täglich Radio und TV. Sie tauscht sich gerne mit anderen über die Neuigkeiten aus aller Welt aus. Aber sie bedauert sehr, dass sie keine Bücher mehr lesen kann. Caterina Vogelgesang liest ihr deshalb vor. «Unser nächstes Projekt sind die Werke von Victor Hugo», freut sich Geneviève Pantli sichtlich.

Gemeinsam helfen wir älteren Menschen

Mit dem Besuchs- und Begleitdienst finden ältere Menschen einen Weg aus der Einsamkeit. Helfen auch Sie und werden Sie mit Ihrer Spende Teil des Roten Kreuzes.

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Mein Glück, mein Sonnenschein

Die Freiwillige schätzt die gemeinsame Zeit mit Madame Pantli sehr: «Mit ihrer Lebenserfahrung hat sie viel zu berichten über eine Welt, die wir nicht mehr kennen. Aber sie ist auch eine gute Zuhörerin, wenn ich erzähle, was in meinem Leben passiert.» Geneviève Pantli gibt das Kompliment zurück: «Sie ist mein Glück, mein Sonnenschein!»

Damit die Muskeln fit bleiben: Geneviève Pantli trainiert täglich auf einem Mini-Heimtrainer.
Damit die Muskeln fit bleiben: Geneviève Pantli trainiert täglich auf einem Mini-Heimtrainer.

Altersdepression aus Einsamkeit

Roselyne Pantli, die 64-jährige Tochter, die in unmittelbarer Nähe ihrer Mutter lebt und viel Zeit mit ihr verbringt, hatte die Idee für den Besuchs- und Begleitdienst: «Es ist nicht gut, wenn meine Mutter nur noch mich sieht. Sie braucht frischen Wind».

Mein Arzt will mir Tabletten geben, weil ich unter einer Altersdepression leide. Doch die will ich nicht. Ich habe Angst, dass mich die Medikamente noch müder machen.

Geneviève Pantli, 97 Jahre alt

Trotz ihren Bezugspersonen fehlen Geneviève Pantli die Freundinnen und Freunde von früher sehr. Oft hat sie keine Kraft mehr. Dennoch lässt sich Madame Pantli nicht entmutigen und gibt ihr Bestes, um im Haushalt so viel wie möglich zu erledigen.

«Wenn ich so da liege, dann drehen die Gedanken im Kreis», erklärt sie mit einer entsprechenden Bewegung. «Ich frage mich, warum ich überhaupt noch hier bin.»

GOOD TO KNOW

Über die Einsamkeit älterer Menschen

Viele ältere Menschen fühlen sich einsam. Erfahren Sie von Dr. med. Thomas Ihde, Facharzt Psychiatrie und Psychotherapie FMH, was Angehörige und Betroffene dagegen tun können.

Bedeutungsvolle Alltagsmomente

Umso mehr bedeutet ihr die jüngste Begegnung im Quartier, von der sie Caterina Vogelgesang begeistert erzählt. Sie begegnete einem Vater mit zwei kleinen Kindern und kam mit ihm ins Gespräch.«Ich sehe Sie von meinem Fenster aus. Sie sind immer so gepflegt», sagte der Mann.

Als er ihr Alter erfuhr, kniete er auf der Strasse vor ihr nieder, küsste ihr die Hand und sagte: «Ich bewundere Sie.» Geneviève Pantli teilt die Geschichte mit ihrer Rotkreuz-Freiwilligen voller Begeisterung und beginnt zu strahlen. «Das war ein Erlebnis!»

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Benötigen Sie oder jemand in Ihrem Umfeld Unterstützung vom «Besuchs- und Begleitdienst» oder möchten Sie sich dafür engagieren? Hier finden Sie das Angebot in Ihrem Kanton.

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